Pater Direktors Brief Nr. 6

Pater Direktors Brief Nr. 6

Liebe Ritter der Immaculata

Wenn der hl. Maximilian über Maria spricht, benützt er meistens dieselben Titel:  „Immaculata“, „himmlische Mutter“ (die er meist mit dem Kosenamen Mamusia – Mütterchen anredet), und „Königin Himmels und der Erde“.

Wir wollen in diesem Brief die letzten beiden Titel ein wenig näher betrachten, ist es doch das Ziel und die große Sehnsucht des Ritters, die Immaculata immer besser kennen und lieben zu lernen und dass alle anderen SIE ebenfalls kennen und lieben.

Alle gläubigen Katholiken beten und singen zu Maria als Mutter und Königin, deshalb scheint es überflüssig zu sein, sich mit solchen Selbstverständlichkeiten abzugeben. Trotzdem wage ich zu sagen, dass wir hier Worte benützen, die wir noch nie in ihrer ganzen Tiefe verstanden haben:

Was heißt, Mutter sein? Die gute Mutter ist ganz hingeordnet auf ihr Kind, liebt es aus ganzem Herzen, möchte ihm alles schenken, was sie selber besitzt. Sie gebärt das Kind, nährt es, kleidet es, sorgt sich um sein leibliches und seelisches Wohl, erzieht es und führt es ein in das Leben. Sie schützt das Kind in Gefahren und opfert sich, nur dass es dem Kind gut geht und es glücklich wird.

Wenn wir all dies auf Maria beziehen, dann müssen wir davon überzeugt sein, dass SIE nicht nur eine solche Mutter auf höchst mögliche Weise ist, sondern vielmehr, dass ihr Muttersein alle diese Begriffe fast unendlich übersteigt. Der hl. Ludwig Maria versucht Mariens Liebe zu ihren Kindern so zu erklären: „Sie liebt sie zärtlich, ja zärtlicher als alle Mütter zusammen. Vereinige, wenn du es kannst, alle natürliche Liebe, welche die Mütter der ganzen Welt gegen ihre Kinder besitzen, im Herzen einer einzigen Mutter für ihr einziges Kind: Sicherlich wird diese Mutter ihr Kind in überaus hohem Maße lieben. Maria aber liebt in Wahrheit ihre Kinder noch zärtlicher als jene Mutter das ihrige lieben könnte.“  Wenn man diese Worte bedenkt, könnte einem das Schwindeln kommen. Und hier gelangen wir nahe an das Geheimnis, was es wirklich heißt: Maria ist meine Mutter! Aber für uns ist es sehr schwer, daran überhaupt wirklich glauben zu können: „Maria, ich glaube, dass du mich liebst! Aber dass du mich so sehr liebst, ist einfach unfassbar; nicht nur mehr als die hl. Monika ihren hl. Augustinus geliebt hat, nicht nur 10-mal mehr, sondern millionenfach mehr!

Und ebenso geht es uns mit den berühmten Titeln wie z.B. „Mutter der immerwährenden Hilfe“: In jedem Augenblick, Tag und Nacht, in allen Situationen sehnt sich Maria danach, uns all ihre Hilfe, alle Kraft und Gnaden, Licht und Stärke im Übermaß zu schenken. Oder die „Mutter des guten Rates“: Nicht nur von Zeit zu Zeit einen guten Rat zu geben, sondern für jeden Augenblick und für jede Situation und für jedes Ereignis das Licht und die Einsicht zu geben, was konkret zu tun und was zu meiden ist.

Ebenso können wir alle Titel Mariens durchgehen, und jedes Mal erschüttert davon sein, wie wenig wir SIE eigentlich kennen, und wie wenig wir über ihre Liebe als Mutter wissen.

Deshalb müssen wir unbedingt eine dauernde Korrektur vornehmen, mit anderen Worten, wir müssen tiefer in IHR Herz hineinschauen, und SIE bitten, uns einzuführen in IHR Herzensgeheimnis! Genau das ist ja das Wesen der Andacht zu ihrem unbefleckten Herzen!

Es gibt nichts Intimeres als das Verhältnis der Mutter zu ihrem Kind und Maria möchte in diesem Sinne uns näher sein als die beste aller Mütter, ja, näher als alle besten Mütter zusammen ihren Kindern nahe sind. Sie möchte uns an sich schmiegen und immer ganz ein Herz und eine Seele mit uns sein. Wenn wir aber diese Wirklichkeiten leben, könnten wir in Gefahr kommen, nicht die ganze Wirklichkeit Mariens zu sehen. Unmerklich könnte unsere kindliche Liebe sentimental werden, oder wir würden die Mutter herabziehen auf unser Niveau, da SIE uns ja so nahe ist. Damit würde Maria zu menschlich verstanden, SIE wäre sozusagen nur eine Stufe höher als unser rein natürliches Verständnis der Beziehung von Mutter und Kind.

Deshalb sagt der Titel „Mutter“, so umfassend und abgründig er ist, noch nicht alles aus über das Geheimnis Mariens. Er wird ergänzt mit dem Aspekt der „Königin“. Hier kommt besonders die Autorität zum Ausdruck, die Macht Mariens über alle ihre Untertanen; aber auch der Aspekt der Verteidigung des Vaterlandes und aller Institutionen, da mit der königlichen Autorität auch immer die höchste militärische Macht ausgedrückt wird, die die Untertanen vor den Feinden schützt und die Angreifer bekämpft.

Bei Maria ist der ergänzende Aspekt ihrer königlichen Würde insbesondere das Verständnis ihrer MAJESTÄT, die am meisten von allen Geschöpfen teilhat an der unendlichen Majestät, Allmacht und ordnenden Weisheit Gottes. Stellen wir uns doch vor, welche Gewalt und Majestät bereits ein einziger Engel besitzt. Nun gibt es aber schon ebenso viele Schutzengel, als es je Menschen gab, gibt und geben wird bis ans Ende der Welt. Diese aber sind nur der letzte Chor der Engelscharen. Der unfassbar großen, gleichsam unendlichen Zahl dieser hohen himmlischen Geister steht der hl. Erzengel Michael vor. Und nun werfen sich alle Engel ihrer Königin zu Füßen und erachten sich als Staub vor IHER MAJESTÄT. Dasselbe können wir von allen Heiligen sagen. Wer dies etwas tiefer betrachtet, der kommt aus dem Staunen nicht heraus: WIE GROSS BIST DU, O MARIA!

Und wer bin ich, armseliger Wurm und unwürdiges Nichts im Vergleich auch mit nur einem Engel oder Heiligen? Und hier knien alle Engel und Heiligen zu IHREN Füssen und singen: „Regina Caeli Laetare, Ave Regina Caelorum, Ave Domina Angelorum etc.“ Wie kann ich es wagen, meine Augen auch nur bis zu ihren Füßen zu erheben, geschweige denn ihr in die Augen zu sehen?!

Wir müssen durchdrungen sein von der königlichen Majestät und unsagbaren Größe des Meisterwerkes Gottes, vor dem alle anderen Werke wie ein kleiner Steinhaufen sind im Vergleich zu einem beinahe unendlich hohen Berg!

Nun ist es nicht leicht, die beiden Wirklichkeiten zu vereinen: die der zärtlichsten Mutter und der gewaltigen Königin! Deshalb müssen immer wieder beide Wahrheiten betrachten, um nicht in ein Extrem zu fallen: dass wir einerseits wegen Mariens Majestät davor zurückschrecken, uns ihr zu nahen, und anderseits durch eine zu große Intimität vergessen, dass unser „liebstes Mütterchen“ die Herrin des Weltalls ist, der Gott alles und alle Geschöpfe zu Füßen gelegt hat.

Wie aber muss unser Verhältnis zu Maria, der „Mater et Domina“ sein? Ganz einfach: Wenn wir uns bemühen, in allem, immer und ganz ihre gehorsamen Kinder zu sein, dann wird sie immer mehr zeigen, was für eine unendlich liebende „Himmelsmama“ sie ist. Aber zugleich müssen wir in allem anerkennen, dass wir ihre Untertanen sind, die der Königin wie Sklaven zu gehorchen haben und nie etwas ohne ihr Einverständnis tun, denken oder sagen.

Was will nun die Königin von uns, welchen Auftrag gibt sie ihren Kindern und Untertanen?

Die Heerführerin in allen Schlachten Gottes ist umgeben von ihrem Heer: Alle Heiligen aller Zeiten haben diesen Ruf des Königs und der Königin verstanden, und deshalb haben wir ein besonderes Sakrament empfangen, das uns befähigt diesem Ruf zu folgen: die hl. Firmung! Der Heilige Geist mit seinen sieben Gaben wurde uns geschenkt, einerseits um das Erlösungswerk Christi in uns zur Vollendung zu bringen, andererseits aber auch, um uns zu befähigen, am Aufbau des mystischen Leibes Christi mitzuwirken; mit anderen Worten, unsere tiefste Berufung zu leben, und unseren Auftrag zu erfüllen, den die göttliche Vorsehung für uns vorgesehen hat. Und dieser Auftrag besteht darin, Christi Werkzeuge und Soldaten zu sein, um die Feinde zu besiegen, Zeugnis zu geben für die einzige Wahrheit, und so viele Seelen vor der ewigen Verdammnis zu bewahren. Christus aber hat seine Mutter, die Königin des Himmels und der Erde bestellt, die Schlachten Gottes zu führen und dem Teufel den Kopf zu zertreten. Er möchte, dass alle Glieder des mystischen Leibes dieser Königin untertan, in IHRE Armee eintreten und ihren Lebensauftrag erfüllen: Gott die größte Ehre zu geben und so viele Seelen als möglich zu retten.

Gemäß der Offenbarung unseres Herrn kommt aber einmal eine Zeit, in der die Schlacht am schlimmsten wüten wird, nämlich in den letzten Zeiten der Weltgeschichte. Dann wird der Feind, weil er nicht mehr viel Zeit hat, in zunehmender Wut täglich seine Angriffe verdoppeln und – natürlich vergeblich – versuchen, die Königin zu besiegen! Was ihm aber gelingen wird: Er wird viele IHRER Kinder mit sich hinabreißen in den ewigen Schlund!

Deshalb ist Maria vor 100 Jahren in Fatima erschienen, um ihren Kindern zugleich ihre ganze mütterliche Liebe und ihren königlichen Ruf mitzuteilen. Fatima ist der Ruf der Königin in den letzten Zeiten: die tröstende Botschaft ihres sicheren Sieges am Ende, aber auch die dringende Aufforderung, bis zum Ende Ernst zu machen mit unserer Würde, IHRE Kinder, Diener, Sklaven, Soldaten, Legionäre, Ritter zu sein!

Vor über 300 Jahren schon hat der hl. Ludwig Maria prophezeit, dass in den letzten Zeiten nur die treuen „Apostel Jesu und Mariens“ den Sieg erringen werden, nämlich alle jene, welche die „Vollkommene Andacht zu Maria“ leben, also ganz treue Kinder und Sklaven dieser besten Mutter und Herrin sind.

Und vor 100 Jahren gab uns der hl. Maximilian Kolbe eine wichtige Ergänzung, um unseren Auftrag in den letzten Zeiten auch ganz konkret verstehen und verwirklichen zu können:

Maria wird nur dann als Mutter von uns anerkannt, wenn wir ihr Flehen und Betteln hören: „Hilf mir, mein Kind! Ohne Dich kann ich die Fülle der Gnaden, die mein Sohn mir geschenkt hat, nicht in die Seelen weiterleiten! Nur wenn ich Werkzeuge finde, die wie ein Kanal die Gnaden der Bekehrung und Heiligung von meinem Herzen bis in die Herzen der armen Sünder gelangen lassen, dann kann ich allen MITTLERIN DER GNADEN SEIN!“

Die Immaculata wird nur dann als Königin verehrt, wenn wir SIE umgeben als kleine Armee ihrer treuen Ritter, die IHRE große Sache verteidigen und IHREN Sieg herbeiführen und beschleunigen. Und was ist dieser Sieg? Die Rettung der Seelen: „Sich bemühen um die Bekehrung der Sünder, Häretiker, Schismatiker etc., besonders der Freimaurer; und um die Heiligung aller unter dem Schutz und durch die Vermittlung der Unbefleckten Jungfrau“ (aus den Statuten der MI).

Rheinhausen, den 31. Mai 2017

P. Karl Stehlin
P.S. Einladung zur Jubiläumsfeier mit Bischof Fellay in Fatima

Ganz herzlich möchte ich alle Ritter zur Jubiläumsfeier der MI in Fatima einladen! Wir werden die Gedenkfeier zum 100. Jahrestag der MI am 20. August im Anschluss an das offizielle Wallfahrtsprogramm der Priesterbruderschaft St. Pius X. begehen (ca. 16.30 Uhr). Das genaue Programm können Sie der Webseite der MI entnehmen. Kommen Sie bitte zahlreich an diese einmalige Feier, um gemeinsam mit Rittern aus aller Welt dieses großen Jubiläums zu gedenken und der Immaculata für alle Gnaden zu danken! Wer nicht kommen kann, ist eingeladen, sich im Geist mit uns zu verbinden und zur gleichen Zeit mit uns die Weihe an die Immaculata zu erneuern.

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